Planungen laufen intensiv weiter

Trotz der aktuellen Situation wollen sich Athleten wie Jens Nerkamp (hier im Trainingslager an der Algarve) weiter fürs Laufen motivieren.
Foto: privat


Das Coronavirus hat nun auch den Sport in Nordhessen voll erwischt. Ob die Bundesliga-Handballer der MT Melsungen, die Eishockey-Spieler der Kassel Huskies oder den KSV Hessen Kassel und die vielen anderen Fußball-Vereine. Nichts geht mehr.

Auch die Leichtathleten, Läufer und Marathon-Veranstalter müssen zurzeit vieles in Kauf nehmen. Nahezu alle Laufevents wurden ganz abgesagt oder verschoben. Der EAM Kassel Marathon ist für den 18. bis 20. September terminiert. „Wir sind optimistisch und gehen davon aus, dass sich bis dahin alles weitgehend normalisiert hat”, sagt denn auch Veranstalter Winfried Aufenanger. „Natürlich ist die Lage noch ungewiss, aber unsere intensiven Vorbereitungen laufen weiter. Wir hoffen darauf, dass der Marathon im September ganz normal stattfindet." Alles andere hätte auch für Nordhessens größte Sportveranstaltung weitreichende Folgen. Denn auch hier geht es um Mitarbeiter, um Sponsoren und Dienstleister, um Athletenhotel und vieles mehr. „Wir verfolgen selbstverständlich die Entwicklung", so Aufenanger, „letztlich wären aber auch wir an Weisungen gebunden." Dennoch setzt man darauf, dass im Herbst der Sport wieder seinen geordneten Weg geht. 
Vor allem die Top-Athleten sind momentan in einer sehr unklaren Situation. Die Veranstaltungen, auf die sie hintrainiert haben, wie etwa die Deutsche Halbmarathon-Meisterschaft in Freiburg, der Berliner Halbmarathon und der Hamburg-Marathon fallen aus. Für Melat Yisak Kejeta (Laufteam Kassel) ist es noch prekärer. Zwar ist sie gerade wieder ins Trainingslager nach Äthiopien gereist, ob für die zweitschellste deutsche Marathon-Läuferin aller Zeiten das große Ziel Olympia trotz der sportlichen Qualifikation erreicht wird, steht aber noch in den Sternen. Japan will Olympia auf jeden Fall durchziehen, IOC-Präsident Thomas Bach sprach allerdings jetzt vorsichtig davon, dass eine Absage nicht mehr ganz unwahrscheinlich sein könnte beziehungsweise der Qualifikationsmodus aufgrund mangelnder Gelegenheiten überdacht werden könnte. „Für die Athleten ist das sehr unbefriedigend, sie hängen total in der Luft", beschreibt Trainer Winfried Aufenanger. Melat Kejatas Olympiavorbereitung ist jedenfalls mächtig durcheinander geraten.

Das trifft auch für Jens Nerkamp (Laufteam Kassel), der gemeinsam mit Melat bis zum letzten Jahr das „Coverduo" des EAM Kassel Marathon bildete und in Berlin bester Deutscher war. Bis kürzlich bereitete er sich noch in Albufeira an der Algarve auf seine Wettkämpfe vor, jetzt ist alles Makulatur. 
„Ja, es ist leider sehr ernüchternd", sagt der 30-Jährige, „aber am Ende geht es um mehr." Sein Bericht zur Lage ist trotz allem sehr reflektiert: „Man bereitet sich wochenlang auf einen Wettkampf vor, verzichtet auf vieles und geht mit Herzblut an die Sache heran. Dann kommt die ernüchternde Nachricht: Die Veranstaltung kann aufgrund des Coronavirus nicht stattfinden. Im ersten Moment ist man wütend und enttäuscht und ratlos, man sucht Alternativen, aber auch die werden abgesagt. Wenn man sich dann näher mit dem Virus beschäftigt und versteht, dass es hier nicht um das Individuum geht, sondern um die Gesamtgesellschaft und das einige deiner eigenen Mitmenschen zur Riskogruppe gehören, dann akzeptiert man die Einschränkungen. Nach einer Zeit kommen wieder Rennen und man muss versuchen, die gute Form aufrecht zu halten." Wer Jens Nerkamp kennt, weiß, dass er ebenso wie Melat Kejeta und andere auch weiter fürs Laufen lebt.

Viel Irritation herrscht natürlich auch allerorten darüber, ob Veranstaltungen je nach Personenanzahl oder generell abgesagt werden sollen. So soll der nordhessische Winterwurftag im Auestadion an diesem Wochenende stattfinden, was HLV-Kreisvizepräsidentin Hannelore Herrmann auch aufgrund der überschaubaren Teilnehmerzahl befürwortet, erste Läufe im Rahmen des Nordhessen-Cups wurden dagegen abgesagt.

Sportverbände und Sportveranstalter vermissen hier klarere Ansagen, andererseits steht natürlich neben den sportlichen Ambitionen viel mehr auf dem Spiel.
Aus den vielen Gesprächen in den letzten Tagen haben auch die Organisatoren des EAM Kassel Marathon das immer wieder festgestellt. Ganz konkrete Auswirkungen auf die Vorbereitungen des Events hat es im Moment aber noch nicht. So sind bislang zum Beispiel aus den 21 Vorbereitungs-Stützpunkten keinerlei Signale gekommen, die Trainingseinheiten nicht fortzuführen. „Wir gehen davon aus, dass auch hier alles normal weiterläuft", so Aufenanger. Wie es mit bereits geplanten Sonder-Veranstaltungen im Rahmen des EAM Kassel Marathons in den kommenden Wochen aussieht, kann er zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. „Das werden wir rechtzeitig kommunizieren."
„Wir versuchen, alle weiterhin zu motivieren, unsere Athleten, unser Team, unsere Partner", sagt Winfried Aufenanger, „wir, die Veranstalter, die Athleten leben aber derzeit in der Ungewissheit, finden unsere geplanten Veranstaltungen statt. Welche Möglichkeiten gibt es den drohenden Absagen auszuweichen? Welche Konsequenz hat das für mein Training?" 
Vielleicht ist der jetzige Ausfall zahlreicher Laufveranstaltungen aber auch eine Motivation, die eigenen Ziele Richtung Herbst zu steuern. So kann man sich bis 31. März noch zur günstigen zweiten Frühbuchertstaffel für den EAM Kassel Marathon anmelden. Da die befreundeten Kollegen vom Paderborner Osterlauf ihre Veranstaltung ebenfalls auf Mitte/Ende August verschoben haben, wird durch die unmittelbare zeitlichen Nähe der beiden Läufe auch der gemeinsam „PaKa"-Cup noch attraktiver.
Und vielleicht hat ja so auch die damals in der hiesigen Läufer-Szene viel diskutierte Verlegung des Kasseler Marathons vom Mai in den September nun endgültig ihre gute Seite bekommen. 

Bei allen organisatorischen Überlegungen und Wirrungen derzeit steht aber auch für Winfried Aufananger und sein Marathon-Team die Gesundheit und das Miteinander an erster Stelle. „Selbstverständlich schließen wir uns da den Worten von Kanzlerin Angela Merkel an. Klar ist, dass auf jeden Fall die Gesundheit vorgeht. Wir werden auch in den nächsten Wochen abwegen müssen, welche Aktivitäten wir gefahrenfrei angehen."

Aktuelle Tipps von MaRATHON-ARZT dR. Peter Kentsch

Dr. Peter Kentsch,
Offizieller Marathon-Arzt des
EAM Kassel Marathon

"Die aktuellen Ereignisse sprechen eine ganz eigene Sprache. An oberster Stelle steht ohne Frage die Einschränkung sozialer Kontakte. Dies zum eigenen Schutz aber auch zum Schutz aller Anderen.

Die zweite wichtige Aufgabe ist sicher, die eigene Gesundheit so gut als möglich zu bewahren und zu unterstützen. Daraus ergeben sich aus meiner Sicht einige recht pragmatische Empfehlungen:
- Kein Laufen in Gruppen, sondern wenn, dann allein.
- Beim Laufen darauf achten, keine sehr hohen Ansprüche zu haben, sondern eher im moderaten Bereich zu trainieren, um die Immunschwächung nach anstrengendem Training zu vermeiden. Damit schützt man sich auch vor einer "einfachen" Erkältungen, die ebenfalls zu einer Schwächung des Immunsystems führt.

Ob die Reaktion von Allergikern auf derzeit schon vorhandene Pollen eine Rolle spielen, ist nicht bekannt."