Ein Band verbindet

Isabella Groh (rechts) hat duch Blindenguide Dirk Stoll den Spaß am Laufen wieder gefunden. Wie anspruchsvoll Laufen ohne Sehen ist, musste auch Heike Sokoll, Inklusions-Beauftragte des Sportkreis Region Kassel, beim Test im Rahmen des Sehbehinderten-Tages bei der BSG Kassel  feststellen.
Foto: Michael Bald


Eigentlich war es ein Zufallsfund: Als während des Corona-Lockdowns Trainingseinheiten nur zu zweit stattfinden konnten, versuchte Marathon-Pfarrer Dirk Stoll mit seinen Trainingspartnern dies mit neuen Impulsen zu füllen – unter anderem dem Versuch des Blindenführungslaufs.Dabei trug einer eine Augenbinde, der andere führte ihn über die Trainingsstrecke. „Das bestätigte meine Erfahrung, dass es viel leichter ist, jemanden zu führen, der nichts bzw. kaum etwas sieht“, konstatiert Stoll, der einmal bereits beim Lollslauf mit einer Blinden unterwegs war und dies auch während seiner Ausbildung zum Lauftherapeuten ausprobiert hatte. 
„Dann stellte ich fest, dass es in Deutschland keine Zertifizierung für Blindenguides gibt – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern.“ So bemühte er sich, eine entsprechende Ausbildung auf den Weg zu bringen, wobei er dazu auch die blista Marburg kontaktierte, das „bundesweite Kompetenzzentrum für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung“. Dort nahm Dirk Stoll dann im letzten Jahr an einem ersten Kurs teil. Seitdem steht er auch als möglicher Begleitläufer beim guidenetzwerkdeutschland.de, einem Netzwerk für Blinde und Guides, auf der Liste potenzieller Begleiter. Im letzten Jahr begleitete er dann auch einen Neunjährigen beim Kasseler Mini-Marathon. 
Im Februar meldete sich nun ­Isabella Groh bei ihm, sie sei Retinopathia-Pigmentosa-Patientin, eine Krankheit, bei der sich das Gesichtsfeld immer mehr einengt (der so genannte Tunnelblick). Die 27-Jährige hatte die Kontaktdaten über eine Bekannte ihrer Mutter bekommen, die die Lebensgefährtin des Gründers des Guidenetzwerkdeutschland ist. Ob es denn möglich wäre, miteinander zu laufen, da ein eigenständiger Sport nicht mehr möglich sei? 
So begannen Dirk und Isabella zunächst mit leichten Trainingseinheiten, die sich dann – wenn auch unterbrochen durch eine versetzte Erkältung – langsam steigerten. 
„Ich freue mich schon jedes Mal wieder darauf“, sagt Isabella Groh, die mittlerweile auch ihren Lebensrhythmus darauf eingerichtet hat, dass die beiden drei Trainingseinheiten pro Woche durchführen können. „Es ist so schön, wieder laufen zu können – es war schon schwer, dass ich da nichts mehr machen konnte.“ 
Schnell entstand die Idee, beim Kassel Marathon als Teil einer Staffel mitzulaufen. Und das GuidenetzwerkDeutschland war sofort dabei: Juliana Löffler stellte innerhalb weniger Stunden ein Team zusammen. 
Und auch der Kassel Marathon sprang sofort auf die Idee auf: So gab es nicht nur für die Staffel der Seheingeschränkten einen Freistartplatz, sondern auch die Guides bekamen eine (eigene) Startnummer „Sie machen schließlich einen tollen Job“, so Marathon-Chef Michael Aufenanger. So starten nun die beiden Staffeln „Ein Band verbindet“ bzw. „Blinde und Guides“. 
„Es wäre aber schön, wenn wir noch mehr potenzielle Guides haben würden“, meint Stoll, „die auch in verschiedenen Leistungsbereichen eingesetzt werden können.“ Das Problem ist allerdings, dass von durchaus Interessierten die Frage geäußert werde, ob es denn dafür überhaupt Bedarf gäbe. „Aber man stelle sich vor, eine sehbehinderte Person ginge einfach irgendwo zu einem Lauftreff und würde fragen, ob es Möglichkeiten gibt, mitzumachen. Wenn dann als Antwort käme ,Ja, irgendwie schon, aber wir wissen nicht wie das gehen kann‘, so ist das für beide Seiten frustrierend.“ 
Wenn aber ein Lauftreff, ein Verein schon auf ihrer Webseite aufführen kann, Guides zu haben, erleichtert das selbstverständlich die Kontaktaufnahme, könnte sogar Sehbeeinträchtigte dazu motivieren, sich zu melden – so wie es Isabella Groh ja tat. 
Interessierte (beider Seiten) können melden bei Pfarrer Dirk Stoll unter pfarrer@kassel-marathon.de oder unter 0561/920 75 256.  

Fotos: Michael Bald
 


Ein Zeichen für die Inklusion: Lauf für Dein Leben

Der Kassel Marathon und das Laufteam Kassel haben auch beim inklusiven Sport und Spielfest im Auestadion Station gemacht, das Kassel als Gastgeber und Host Town für Slowenien im Rahmen der Special Olympics feierte.

Als Aktion hatten wir einen kleinen Koordinationsparcours aufgebaut. Unser Claim ist "Lauf für dein Leben" und das bezieht alle Menschen ein. Laufen bzw. Sport verbindet über alle Grenzen hinaus. Uns ist wichtig so viele Menschen wie möglich in Bewegung zu bringen. Die strahlenden Gesichter der Kinder, die als Geschenk für die vollbrachte sportliche Leistung unser Maskottchen Winnie bekommen haben, waren pures Gold wert. Solche Veranstaltungen bringen uns alle ein Stück näher.